Was musste man in den
letzten Tagen alles lesen. Aaron Hunt wird offenbar von Wolfsburg umworben, was einem Großteil der Werderfans sehr zusagt. Endlich geht er, dieser Schmierfink. Dieser Arbeitsverweigerer. Was Aaron Hunt in einer Schubkarre zu suchen hat, weshalb man ihn dringend länger an den SV Werder binden muss und wo Fantômas plötzlich herkommt. Weiterlesen!
Aaron Hunt. Kaum ein
anderer Spieler polarisiert in Bremen so stark wie er. Aaron ist der
dienstälteste Spieler im Kader, läuft und arbeitet unheimlich viel für die
Mannschaft, ist Vizekapitän und genießt offenbar bei verschiedenen Trainern und
Managern ein hohes Ansehen. Nur das Bremer Publikum kann ihn augenscheinlich
nicht ausstehen. Surft man durch die Blogs, Foren und Facebookseiten, auf denen
das Thema Hunt mal mehr, mal weniger kontrovers diskutiert wird, kann einem
schon mal Angst und Bange werden. Glaubt man, was da so geschrieben steht, muss
man davon ausgehen, dass wir einen einbeinigen Blinden auf dem Platz
herumlaufen haben, der sich mehr mit Blümchen pflücken anstatt mit Fußball
spielen beschäftigt. Aber ist das so?
Aus dem kleinen Butscher von 2005, der in seinem ersten Spiel von Beginn an
gleich traf und bis heute der jüngste Werder-Torschütze aller Zeiten ist, ist mittlerweile
einer der Führungsspieler unseres Clubs geworden. Auch wenn allein diese
Tatsache einigen Menschen Tränen der Wut in die Augen treibt, ist Aaron Hunt
eine der Säulen des Teams. Nun sollte man meinen, dass in Zeiten des modernen
Fußballs ein solcher Spieler von den Fans vergöttert wird. Einer, der noch nie
für einen anderen Profiverein kickte. Einer, der seit Jahren dabei ist, der sich beim damaligen Doublesieger einen Platz im Team erkämpft hat. Einer, der im Europacup-Finale stand.
Einer, der nur wenige Jahre später mit dem Verein gegen den Abstieg kämpfte und
gewann. Der trotz des rasanten Abschieds aus der Top-3 der Liga ins graue
Mittelfeld immer noch die Farben trägt, in denen er größte Erfolge feierte. Solche
Spieler gibt es doch heute kaum noch. Treue Fußballer, die mit dem Verein durch
dick und dünn gehen. Heutzutage haben wir fast ausschließlich Söldner in
den Vereinen rumlaufen. Beispiele? Isco, der vor Jahren sagte, er würde nie für
einen Verein wie Real Madrid spielen. Der sich als „anti-madridista“ bezeichnete.
Heute kickt er für die Königlichen und lässt sich die Millionen nur zu gern
überweisen. Da ist Eto’o, der ebenfalls seine starke Abneigung gegenüber Chelsea
verkündigte und heute das Jersey der Blues grinsend in die Kamera hält.
Rückgrat? Nein danke, wiegt zu viel.
Zwischen solchen Gestalten sucht man wohl lange, und zumeist vergebens, nach
einem Spieler wie Hunt. Und trotzdem wird er beim ersten Fehlpass ausgepfiffen,
beleidigt und was nicht alles. Da sprechen Leute davon, ihn mit der Schubkarre
nach Wolfsburg zu fahren, sollte er wechseln. Gut, dann lassen wir ihn gehen. Ablösefrei. Und dann? Bekommen wir dann im Gegenzug einen Spieler derselben
Klasse, ohne zu investieren? Wird dieser Weltklassedribbler dann weniger Gehalt
verdienen, als Aaron Hunt? Wird er mehr Tore schießen? Mehr Elfmeter
verwandeln? Wird er dem Verein die Treue halten, wenn es auf einmal Bergab geht?
Seid ihr wirklich so naiv und haltet Werder noch für einen Verein, der nur mit
dem Finger schnipsen muss und einen Spieler à la Micoud ans Weserufer lockt?
Ich hoffe nicht.
Werder ist im Mittelmaß angekommen und wir sollten froh sein, dass wir einen Spieler
wie Hunt haben, dem das egal zu sein scheint. Steinigt mich, wenn er tatsächlich
im Sommer nach Wolfsburg geht und von einem tollen Projekt mit vielen
Möglichkeiten spricht. Sollte er dies nicht tun, dann lernt ihn endlich zu schätzen. Er ist
vielleicht keiner, dem man das Prädikat „weltklasse“ anheftet, aber er ist ein
Spieler, der über dem momentan Vereinsstandard spielt. Solche Leute sollten wir
nicht vergraulen, denn es gibt nicht mehr viele dieser Art.
Kommen wir zu Mehmet Ekici.
Als ich neulich einen Artikel über ihn las, stellte ich entsetzt fest, dass ich
Memo wirklich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm hatte. Kurz darauf kam in mir
die Frage auf, wieso der Junge auf einmal nicht mehr spielt. Verletzt war er
nicht und allzu schlecht fand ich ihn auch nicht. Sein Tor gegen Augsburg hat
drei wichtige Punkte gebracht und zu Beginn waren auch seine Einsatzzeiten in
Ordnung. Sieben Mal lief er in dieser Saison für Werder auf, konnte einen Treffer
beisteuern. Seinen letzten Auftritt hatte er in Stuttgart, durfte dort auch 66
Minuten spielen. Seitdem gehört er zum Stammpersonal –auf der Bank. Komische
Entwicklung, vom Startelfspieler zum dauerhaften Bankdrücker. Gegen Freiburg
saß Memo dann zum zweiten Mal in dieser Saison auf der Bank, seither sah man
ihn nicht mehr auf dem satten Grün der Bundesligastadien. Vielleicht liegt es
daran, dass Werder seit dem 0:0 gegen Freiburg ohne Stürmer auskommen muss, da
sich Petersen kurz vor Schluss verletzt hat. Im momentanen Spielsystem findet
Ekici plötzlich keinen Patz mehr und wenn ich ehrlich bin, sehe ich ihn auch im
alten System nicht von Anfang an auf dem Platz. Da haben sich andere in den
letzten Wochen einfach deutlich stärker präsentiert, vor allem was den
Einsatzwillen und die Kampfbereitschaft angeht.
Eichin hat zu diesem Thema
deutliche Worte gefunden und gesagt, dass man den Spieler momentan keineswegs
abgeben möchte. Das ist momentan auch sicher richtig, da Ekici eine sehr gute
Alternative bei Verletzungen oder Sperren ist. Stellt sich nur die Frage, ob
der Junge auf diese Rolle weiterhin Lust hat, immerhin steht auch sein Platz in
der türkischen Nationalmannschaft auf dem Spiel. Vielleicht sollte man
versuchen, ihn im Winter zu verkaufen. Auch, wenn der Transfer dann einer von
vielen sein wird, aus dem Werder mit einem Verlust herausgeht. Aber wem will
man das noch anheften? Eichin hat Ekici schließlich nicht für die völlig
überzogene Summe von fünf Millionen Euro (!!) geholt.
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