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Dienstag, 19. November 2013

Personalkarussell mit Aaron Hunt und Mehmet Ekici

Was musste man in den letzten Tagen alles lesen. Aaron Hunt wird offenbar von Wolfsburg umworben, was einem Großteil der Werderfans sehr zusagt. Endlich geht er, dieser Schmierfink. Dieser Arbeitsverweigerer. Was Aaron Hunt in einer Schubkarre zu suchen hat, weshalb man ihn dringend länger an den SV Werder binden muss und wo Fantômas plötzlich herkommt. Weiterlesen!
Aaron Hunt. Kaum ein anderer Spieler polarisiert in Bremen so stark wie er. Aaron ist der dienstälteste Spieler im Kader, läuft und arbeitet unheimlich viel für die Mannschaft, ist Vizekapitän und genießt offenbar bei verschiedenen Trainern und Managern ein hohes Ansehen. Nur das Bremer Publikum kann ihn augenscheinlich nicht ausstehen. Surft man durch die Blogs, Foren und Facebookseiten, auf denen das Thema Hunt mal mehr, mal weniger kontrovers diskutiert wird, kann einem schon mal Angst und Bange werden. Glaubt man, was da so geschrieben steht, muss man davon ausgehen, dass wir einen einbeinigen Blinden auf dem Platz herumlaufen haben, der sich mehr mit Blümchen pflücken anstatt mit Fußball spielen beschäftigt. Aber ist das so? 

Aus dem kleinen Butscher von 2005, der in seinem ersten Spiel von Beginn an gleich traf und bis heute der jüngste Werder-Torschütze aller Zeiten ist, ist mittlerweile einer der Führungsspieler unseres Clubs geworden. Auch wenn allein diese Tatsache einigen Menschen Tränen der Wut in die Augen treibt, ist Aaron Hunt eine der Säulen des Teams. Nun sollte man meinen, dass in Zeiten des modernen Fußballs ein solcher Spieler von den Fans vergöttert wird. Einer, der noch nie für einen anderen Profiverein kickte. Einer, der seit Jahren dabei ist, der sich beim damaligen Doublesieger einen Platz im Team erkämpft hat. Einer, der im Europacup-Finale stand. Einer, der nur wenige Jahre später mit dem Verein gegen den Abstieg kämpfte und gewann. Der trotz des rasanten Abschieds aus der Top-3 der Liga ins graue Mittelfeld immer noch die Farben trägt, in denen er größte Erfolge feierte. Solche Spieler gibt es doch heute kaum noch. Treue Fußballer, die mit dem Verein durch dick und dünn gehen. Heutzutage haben wir fast ausschließlich Söldner in den Vereinen rumlaufen. Beispiele? Isco, der vor Jahren sagte, er würde nie für einen Verein wie Real Madrid spielen. Der sich als „anti-madridista“ bezeichnete. Heute kickt er für die Königlichen und lässt sich die Millionen nur zu gern überweisen. Da ist Eto’o, der ebenfalls seine starke Abneigung gegenüber Chelsea verkündigte und heute das Jersey der Blues grinsend in die Kamera hält. Rückgrat? Nein danke, wiegt zu viel. 


Zwischen solchen Gestalten sucht man wohl lange, und zumeist vergebens, nach einem Spieler wie Hunt. Und trotzdem wird er beim ersten Fehlpass ausgepfiffen, beleidigt und was nicht alles. Da sprechen Leute davon, ihn mit der Schubkarre nach Wolfsburg zu fahren, sollte er wechseln. Gut, dann lassen wir ihn gehen. Ablösefrei. Und dann? Bekommen wir  dann im Gegenzug einen Spieler derselben Klasse, ohne zu investieren? Wird dieser Weltklassedribbler dann weniger Gehalt verdienen, als Aaron Hunt? Wird er mehr Tore schießen? Mehr Elfmeter verwandeln? Wird er dem Verein die Treue halten, wenn es auf einmal Bergab geht? Seid ihr wirklich so naiv und haltet Werder noch für einen Verein, der nur mit dem Finger schnipsen muss und einen Spieler à la Micoud ans Weserufer lockt? Ich hoffe nicht.   
Werder ist im Mittelmaß angekommen und wir sollten froh sein, dass wir einen Spieler wie Hunt haben, dem das egal zu sein scheint. Steinigt mich, wenn er tatsächlich im Sommer nach Wolfsburg geht und von einem tollen Projekt mit vielen Möglichkeiten spricht. Sollte er dies nicht tun, dann lernt ihn endlich zu schätzen. Er ist vielleicht keiner, dem man das Prädikat „weltklasse“ anheftet, aber er ist ein Spieler, der über dem momentan Vereinsstandard spielt. Solche Leute sollten wir nicht vergraulen, denn es gibt nicht mehr viele dieser Art.



Kommen wir zu Mehmet Ekici. Als ich neulich einen Artikel über ihn las, stellte ich entsetzt fest, dass ich Memo wirklich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm hatte. Kurz darauf kam in mir die Frage auf, wieso der Junge auf einmal nicht mehr spielt. Verletzt war er nicht und allzu schlecht fand ich ihn auch nicht. Sein Tor gegen Augsburg hat drei wichtige Punkte gebracht und zu Beginn waren auch seine Einsatzzeiten in Ordnung. Sieben Mal lief er in dieser Saison für Werder auf, konnte einen Treffer beisteuern. Seinen letzten Auftritt hatte er in Stuttgart, durfte dort auch 66 Minuten spielen. Seitdem gehört er zum Stammpersonal –auf der Bank. Komische Entwicklung, vom Startelfspieler zum dauerhaften Bankdrücker. Gegen Freiburg saß Memo dann zum zweiten Mal in dieser Saison auf der Bank, seither sah man ihn nicht mehr auf dem satten Grün der Bundesligastadien. Vielleicht liegt es daran, dass Werder seit dem 0:0 gegen Freiburg ohne Stürmer auskommen muss, da sich Petersen kurz vor Schluss verletzt hat. Im momentanen Spielsystem findet Ekici plötzlich keinen Patz mehr und wenn ich ehrlich bin, sehe ich ihn auch im alten System nicht von Anfang an auf dem Platz. Da haben sich andere in den letzten Wochen einfach deutlich stärker präsentiert, vor allem was den Einsatzwillen und die Kampfbereitschaft angeht.
Eichin hat zu diesem Thema deutliche Worte gefunden und gesagt, dass man den Spieler momentan keineswegs abgeben möchte. Das ist momentan auch sicher richtig, da Ekici eine sehr gute Alternative bei Verletzungen oder Sperren ist. Stellt sich nur die Frage, ob der Junge auf diese Rolle weiterhin Lust hat, immerhin steht auch sein Platz in der türkischen Nationalmannschaft auf dem Spiel. Vielleicht sollte man versuchen, ihn im Winter zu verkaufen. Auch, wenn der Transfer dann einer von vielen sein wird, aus dem Werder mit einem Verlust herausgeht. Aber wem will man das noch anheften? Eichin hat Ekici schließlich nicht für die völlig überzogene Summe von fünf Millionen Euro (!!) geholt.  

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